Berlin — Die zerfallende Verkehrsinfrastruktur in Deutschland macht immer wieder Schlagzeilen. Doch wie ist es im Detail um die Brücken im Fernverkehrsnetz bestellt? Die Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken e. V (www.betoninstandsetzer.de) hat anhand der offiziellen Zustandsnoten die bauliche Situation der 25 höchsten Brücken in Deutschland untersucht. Diese Liste wird regelmäßig von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) veröffentlicht. Dabei zeigt die Mehrheit der höchsten Brücken kritische Verschleißerscheinungen und Defizite bei der Traglast. Und damit die Notwendigkeit von Modernisierungsmaßnahmen.
Den Zustand und die Leistungsfähigkeit einer Brücke beschreiben die Zustandsnote (ZN) und der Traglastindex (TLI). Die Zustandsnote beurteilt Verschleiß- und Alterungserscheinungen. In dieser Kategorie erreichen die untersuchten Brücken im Durchschnitt den Wert 2,85 (auf einer Skala von 1 bis 4). Bei der Hälfte der Brücken liegen die Zustandsnoten im Bereich von 2 bis 2,9, was einem befriedigenden bis ausreichenden Bauwerkszustand entspricht. Bei der anderen Hälfte sieht es schlechter aus: zwölf Brücken haben die Zustandsnoten zwischen 3 und 3,5 und befinden sich damit in einem kritischen bzw. ungenügenden Bauwerkszustand. Zu dieser Gruppe gehören mit beiden Teilbauwerken der Kochertalbrücke (ZN 3,5 und 3,3), der Moseltalbrücke (ZN 3,5) der Lösterbachtalbrücke (ZN 3,4) und der Neckarburgbrücke (3,3) vor allem Brückenbauten aus den 1970er Jahren und früher.
Ein weiteres zentrales Werkzeug zur Beurteilung von Brücken ist der 2020 eingeführte Traglastindex. Der Traglastindex vergleicht die aktuelle Belastung einer Brücke mit der Brückenklasse. Da viele der untersuchten Brücken in Zeiten mit geringer Auslastung geplant und gebaut wurden, haben sie im Verhältnis der aktuellen Belastung und der ausgelegten Tragfähigkeit Defizite. Diese Defizite gibt der Traglastindex an und ist damit ebenfalls ein Indikator einer Modernisierung.
Von den 25 höchsten Brücken in Deutschland haben fünf einen Traglastindex von IV und sechs einen Traglastindex von V, der schlechtesten Bewertung von Soll- und Ist-Zustand. Mit der Moseltalbrücke, der Lösterbachtalbrücke , der Neckartalbrücke bei Weitlingen , der Grenzwaldbrücke, der Schöllnachbrücke und der Talbrücke Brunsbecke gehören zu den Schlusslichtern beim Traglastindex vor allem Brücken, die auch eine kritische Zustandsnote haben.
Die Dringlichkeit der Modernisierung ergibt sich aus Zustandsnote, Traglastindex und Verkehrsbedeutung. Im Brückenmodernisierungsnetz werden ausgesuchte Fernstraßenabschnitte vordringlich erhalten und ertüchtigt. Neun der höchsten Brücken gehören zu diesem Brückenmodernisierungsnetz: die Neckartalbrücke bei Weitlingen, die Siegtalbrücke, die Grenzwaldbrücke, die Neckarburgbrücke. Schöllnachtalbrücke, Eschachtalbrücke, Werratalbrücke Hörschel und die Talbrücken Brunsbecke und Büschergrund.
Dipl.-Ing. Marco Götze, Vorsitzender der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken kommentiert die Ergebnisse der Analyse: „Der Zustand vieler Brücken im Fernstraßennetz ist kritisch. Zwar bedeutet eine schlechte Zustandsnote nicht automatisch, dass eine Brücke nicht mehr voll genutzt werden kann. Aber damit es erst gar nicht zu Nutzungseinschränkungen kommt, müssen rechtzeitig Ertüchtigung und Erhalt geplant und durchgeführt werden. Vor allem bei Brücken, die für den aktuellen und noch wachsenden Schwerverkehr nicht ausgelegt worden sind, stehen umfangreiche Maßnahmen für die Modernisierung und Verstärkung an.“
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