Gegen HIV gibt es keine Impfung, aber HIV-Medikamente können zuverlässig vor einer Ansteckung schützen und Ängste vor einer HIV-Übertragung beim Sex nehmen. Davon könnten noch viel mehr Menschen in Deutschland profitieren, die Zahl der HIV-Infektionen könnte so weiter sinken. Anlässlich des Deutsch-Österreichischen AIDS-Kongresses (DÖAK), der heute in Bonn beginnt, hat die Deutsche Aidshilfe dazu ein neues Positionspapier veröffentlicht.
Bei der PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe, „Vor-Kontakt-Vorsorge“) nehmen HIV-negative Menschen ein HIV-Medikament ein, entweder dauerhaft oder kurzfristig zu bestimmten Anlässen. Das Virus kann sich dann nicht mehr im Körper einnisten, eine HIV-Übertragung beim Sex ist nicht mehr möglich. Seit September 2019 ist die PrEP für Menschen mit „substanziellem“ HIV-Risiko eine Leistung der Gesetzlichen Krankenkassen.
Mindestens 30.000 Menschen, so berichtet Daniel Schmidt vom Robert Koch-Institut (RKI) auf dem DÖAK, schützen sich in Deutschland bisher mit der PrEP, bisher vor allem schwule Männer. Tendenz: steigend. Aber viele Menschen wissen noch nichts von dieser Schutzmöglichkeit oder glauben nicht, dass sie für sie in Frage kommt. Zugleich gibt es in manchen PrEP-Praxen lange Wartelisten und abseits der Metropolen weiße Flecken auf der Versorgungslandkarte.
„Dass die Zahl der Nutzer*innen steigt, ist eine gute Nachricht. Diesen Trend gilt es zu verstärken, indem wir alle noch offener denken und breiter über die PrEP aufklären. Die PrEP ist prinzipiell für alle Menschen mit einem HIV-Risiko geeignet. Wer sich mit der HIV-Prophylaxe schützen möchte, muss sie auch schnell und unkompliziert bekommen“, sagt Ulf Kristal, Vorstandsmitglied der Deutschen Aidshilfe.
In der Evaluation der PrEP als GKV-Leistung (Kurzbericht) kommt auch das Robert Koch-Institut zu dem Schluss: „Um das Potenzial der PrEP als Präventionsmethode erschließen zu können, bleibt es wichtig, allen Personen mit Bedarf PrEP zugänglich zu machen.“
Folgende Maßnahmen können dazu aus Sicht der Deutschen Aidshilfe beitragen:
„Niemand darf von diesem wirkungsvollen Schutz vor HIV ausgeschlossen bleiben“, betont DAH-Vorstand Kristal. „Es muss einfache und ermutigende Zugänge zur PrEP geben! Das gilt ganz besonders für marginalisierte Gruppen – zum Beispiel nicht krankenversicherte Menschen, die aufgrund einer prekären Lebenssituation der Sexarbeit nachgehen.“
Um mit der PrEP noch mehr HIV-Infektionen zu verhindern, sind also Politik, Prävention, Medizinsystem sowie Hilfs- und Beratungsangebote gleichermaßen gefragt.
„Es geht darum, die PrEP gemeinsam zu einer selbstverständlichen und akzeptierten Schutzmethode zu machen“, so Kristal.
Bisher gilt die PrEP als Maßnahme für Menschen mit einem sehr hohen HIV-Risiko. Doch das ist zu kurz gedacht: Es kann viele Gründe geben, warum sie eine geeignete Schutzmethode ist. Die medikamentöse Prophylaxe ermöglicht, den Schutz vor HIV selbstbestimmt in die Hand zu nehmen und die volle Kontrolle zu behalten, unabhängig vom Verhalten der Partner*innen, den Umständen und dem emotionalen Geschehen in sexuellen Situationen. Wenn beim Kondomgebrauch etwas schiefgeht, schützt die PrEP trotzdem. Sie erlaubt aber auch, wenn gewünscht, auf Kondome zu verzichten. Manchen Menschen ermöglicht zudem erst die PrEP eine Sexualität ohne Angst vor einer HIV-Infektion. So trägt die medikamentöse HIV-Prophylaxe auch zu einer erfüllten Sexualität und zum psychischen Wohlbefinden bei.
Für manche Menschen ist die PrEP aus diesen Gründen die beste oder eine zusätzliche Schutzmöglichkeit, für manche Menschen ist sie die einzige praktikable Option.
„Jede Motivation hat ihre Berechtigung. Wer die PrEP zum Schutz vor HIV einsetzen möchte, hat in der Regel gute Gründe dafür und sollte Unterstützung erfahren“, betont DAH-Vorstand Ulf Kristal.
Prinzipiell stehen heute drei Möglichkeiten zur Verfügung, sich vor HIV zu schützen: Kondome, die PrEP und die Schutzwirkung der Therapie HIV-positiver Menschen, wenn HIV im Blut nicht mehr nachweisbar ist. Welche Methode geeignet ist, hängt von der individuellen Situation und persönlichen Vorlieben ab. Manche Menschen kombinieren auch verschiedene Methoden oder wechseln je nach Anlass.
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